Zurück zur Lyrik

Die Familie zu Knyphausen hat in ihrer langen Geschichte schon so manchen Politiker, General oder Diplomaten gesehen. Auch der delikate Riesling, den die Adelsfamilie auf ihrem Weingut in Erbach produziert, genießt einen guten Ruf. Nur ein berühmter Musiker fehlte bisher noch in der Familienchronik. Der jüngste Spross, Gisbert zu Knyphausen, schickt sich jetzt an, das zu ändern.

2008 veröffentlichte er sein selbst betiteltes Debüt-Album, das nicht nur in den Musikgazetten gefeiert wurde, sondern dem 31-Jährigen auch in den Feuilletons Lob bescherte. Seine sparsam arrangierten Songs in Verbindung mit seinen meist autobiografischen und melancholischen Texten, trafen anscheinend den Nerv der Zeit. So stellte etwa die „Welt“ begeistert fest, dass mit Gisbert zu Knyphausen deutscher Pop endlich wieder lyrisch werde.

Platz 12 auf den Charts

Auch sein jüngst veröffentlichtes, zweites Album „Hurra! Hurra! So nicht“, das auf Platz 12 der deutschen Charts geklettert ist, wird aller Orten mit Lob bedacht. Häufig werden dabei die Adjektive „großartig“ oder „grandios“ benutzt und zu Knyphausen wird zum „Sänger und Songwriter der Stunde“, der „ein Liedermacherwerk erster Güte vorgelegt“ habe. Und es stimmt, was über ihn geschrieben wird: Das neue Album ist toll. Dominiert werden die elf Pop-Perlen von zu Knyphausens Akustikgitarre und seiner warmen Stimme, mit der er seine poetischen, direkten Texte vorträgt und die von dem fein ziselierten Zusammenspiel von Bass, Keyboard und Schlagzeug getragen werden.

Das Resultat mag vielleicht an manchen Stellen an die Liedermacher alter Schule erinnern. Doch der Vergleich stimmt nur bedingt, denn statt wie Degenhardt, Wader oder Biermann, dem Volk aufs Maul zu schauen, um gegen Krieg und Unrecht anzukämpfen, singt zu Knyphausen über die Bilder in seinem Kopf, die Schleier vorm Gesicht und seine Gedanken aus Beton. Das jedoch macht er so gut wie derzeit kein anderer Künstler in Deutschland.

Dass ihn das zu „Everybody´s Darling“ gemacht hat, kann er immer noch nicht ganz fassen. „Das ist Wahnsinn! Ich warte irgendwie darauf, dass der Höhepunkt jetzt erreicht ist, aber da kommt immer noch mehr“ sagt er im Gespräch.

Dabei hat zu Knyphausen, den es nach dem Abitur an der St. Ursula Schule in Geisenheim, über das niederländische Nijmegen und Berlin nach Hamburg verschlagen hat, erst 2005 sein erstes deutschsprachiges Lied geschrieben. Zuvor hatte er lediglich in einigen im Rheingau bekannten Bands gespielt. Er spielte die Lieder einigen Freunden vor, die fanden die Lieder toll – und die Geschichte nahm ihren Lauf. Seit diesen Anfangstagen hat er mehr als 100 Konzerte gegeben – meist vor begeistertem Publikum.

Quasi ein Heimspiel

Derzeit ist zu Knyphausen mit seiner Band wieder auf Tournee, um seine neues Album vorzustellen. Dass er dabei auch im Schlachthof in Wiesbaden Halt macht, freue ihn besonders, sagt zu Knyphausen. Ist das Konzert doch quasi ein Heimspiel. Wer dem jungen Musiker dabei zuhören will, sollte Freitag, 14. Mai, den Weg in den Schlachthof finden. Es lohnt sich.

Erschienen am 6. Mai im Wiesbadener Kurier

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