Bei meinen Recherchen zu den neuen Veranstaltungstarifen der Gema interviewte ich einige Protagonisten der Wiesbadener Musikszene. Da mir diese recht ausführliche und auch interessante Antworten auf meine Fragen gaben, die ich nicht alle in dem Artikelunterbringen konnte, dokumentiere ich diese Antworten hier, um euch einen noch etwas tiefergehenden und umfassenderen Blick auf das Thema zu geben. Heute ein Interview mit Julius Wagner, dem Hauptgeschäftsführer der Dehoga Hessen.
Julius Wagner ist Hauptgeschäftsführer der Dehoga Hessen. Der deutsche Hotel- und Gaststättenverband ist ein entschiedener Gegner der neuen Gema-Veranstaltungstarife und versucht zu verhindern, dass sie in der momentanen Form wirksam werden.
Herr Wagner, gelten die neue Tarife auch für normale Kneipen und Cafés, in denen Musik nur vom Band/CD/Laptop zur Hintergrundbeschallung gespielt wird?
Die Tarifreform betrifft die gesamte Branche, insbesondere alle musikrelevanten Bereiche von der Bar mit Hintergrundmusik bis zur Großraumdiscothek. Gerade für die sogenannte Musikkneipen, die vom „Band“ (laptop etc.) Musik abspielen sind die Steigerungen drastisch (über 1500 Prozent…).
Wie viele Gastwirte und Clubbetreiber sind von der Reform betroffen oder anders gefragt, wie viele Mitglieder haben Sie in Wiesbaden?
Da die Mitgliedschaft im Verband freiwillig ist, sind nicht alle Betriebe in Wiesbaden bei uns Mitglied. 155 Betriebe haben sich im Stadtgebiet Wiesbaden im DEHOGA Hessen organisiert. Davon sind sechs ausgewiesene Discotheken. Die Anzahl der betroffenen Betriebssegmente liegt jedoch deutlich höher.
Droht Wiesbaden ein „Clubsterben“ und Kneipen ohne Musik, wenn die Reform so kommt wie geplant?
Davon müssen wir in einzelnen Fällen aufgrund der Berechnungen und vor allem aufgrund direkter Aussagen der Wiesbadener Clubbetreiber leider ausgehen. Die GEMA Tarifreform bedroht in einer nie da gewesenen und branchenfernen Art und Weise die Clublandschaft Wiesbadens.
In Berlin haben sich Clubbetreiber zusammengetan, um gegen die geplante Reform zu protestieren? Würde die Dehoga Wiesbadener Clubbetreiber und Gastwirte bei einem ähnlichen Ansinnen unterstützen?
Selbstverständlich. Wir tun dies bereits. Mit unserer bundesweiten durchgeführten Aktion „Es ist 5 vor 12“ haben wir auch in Wiesbaden und Frankfurt Aktivitäten in den Clubs durchgeführt. Zuletzt führten wir am 24. August eine gemeinsame Aktion mit dem Hessischen Wirtschaftsminister und uns in einem Wiesbadener Club durch (im Gestüt Renz, Anm. Falk Sinß). Im Übrigen stehen wir in ständigem Austausch mit den Betreibern von Clubs und Discotheken, insbesondere in Frankfurt.
Die Gema sagt, für die meisten Betreiber werde es mit den neuen Tarifen preiswerter, ihr Verband sagt das Gegenteil. Wer hat recht?
Die GEMA betreibt Augenwischerei. Bei konkreten Nachfragen und der Konfrontation mit den Berechnungen auf Grundlage ihrer Reform weicht die GEMA aus. Nach wie vor legt die GEMA trotz mehrfacher Aufforderung keine Zahlen bzgl. der behaupteten Entlastungen in unserer Branche vor. Im Gegenteil: Die GEMA verdeutlicht immer wieder, dass sie von den Gastronomen und Discothekenbetreibern mehr Geld einnehmen will. Ich erspare Ihnen hier einige nicht zitierfähige Aussagen der GEMA Bezirksdirektion…
Was unternimmt die Dehoga noch gegen die Reform?
Der DEHOGA (Bundesverband) führt aktuell an der Seite der Bundesvereinigung der Musikveranstalter das Schiedsstellenverfahren vor dem zuständigen Deutschen Patent- und Markenamt in München mit der Möglichkeit der weiteren gerichtliche Auseinandersetzung. Des weiteren sensibilisieren wir Politik und Öffentlichkeit für die Brisanz des Themas.
Bisher ehier veröffentlicht zu diesem Thema:
Zum Thema Gema-Bashing: https://neuemodelle.wordpress.com/2012/09/16/horror-alle-parteien-finden-gema-cool/